Wir haben versagt

Eine performative Selbstanklage.
Uraufführung

„Trump bietet eine regressive Idee von Männlichkeit, schreibt Elisabeth Spiers am Tag nach der US-Wahl in den New York Times. Das Bild der toxischen Männlichkeit also. Auch als Booster für sämtliche kriegerische Eskalationen weltweit. Der um sich schlagende alte und mittlerweile auch junge Mann und Wähler, flankiert von nicht wenigen ergebenen Frauen, scheint auch hierzulande der Steigbügelhalter der extremen Rechten zu sein.

Gleichbedeutend mit diesem Sieg des Patriarchats, hat wohl auch das Ich über das Wir gesiegt. Und hier beginnen die Grenzen zwischen den Lagern ins Wanken zu geraten. Das Ich, also auch das auf unserer Seite, steht über dem Wir. Jeder Einzelne, jede Einzelne glaubt die richtige Lösung zu haben. Ohne Politkabarett, aber mit einigen realpolitischen Anspielungen, kommen wir abermals zu dem Schluss, dass es unmöglich zu sein scheint, dem jeweiligen Gegenüber zuzuhören.“ Theatermacher Martin Gruber über die Uraufführung

Seit Jahrzehnten kämpfen wir mühsamst und mit großen Schmerzen gegen den – nun ultimativen – Rechtsruck an. In unzähligen Performances haben wir versucht, dem fortschreitenden politischen und moralischen Verfall in Österreich und eigentlich überall wenigstens den Hauch einer Analyse abzuringen. Wortreich fragen wir uns, wie es soweit kommen konnte und finden keine Antwort. Nun, zu unserem 35 Jahre Jubiläum, müssen wir voller Scham und Selbstmitleid gestehen, es hat nichts genutzt: Wir haben versagt.

Eine performative Selbstanklage. Mit guter Musik, um die Tragödie zu ertragen.

                  

Reaktionen

„Der Rechtsruck, gegen den das Theater mit allen Mitteln seiner Kunst ‚mühsamst‘ 35 Jahre lang gekämpft hat, sei vollzogen, resümiert Theatergründer Martin Gruber und gesteht: ‚Wir haben versagt‘. Diese Erkenntnis packt er mit seinem Ensemble in eine bös-nachdenkliche Collage aus Text, Musik und Video.“

APA Austria Presseagentur (in: Salzburger Nachrichten, Puls24, vol.at u.a.)

„Mit pointierter Treffsicherheit legt Martin Gruber den Finger auf die Wunden und stochert darin herum. Doch wo üblicherweise der Humor den Schmerz überspielt, wird er diesmal von Trostlosigkeit überlagert. Das Lachen bleibt mir buchstäblich im Halse stecken. Die sympathischen Darsteller*innen und ihre Schrullen kommen gar nicht mehr als liebenswert über die Rampe. Der Befund ist vernichtend: Das alternative Narrativ zum Patriarchat der Rechten ist ebenso egozentrisch gepolt und nimmt das Gegenüber ebenso wenig wahr. Ein fatales Versagen.“

tanz.at

„Die Texte vermeiden, kontrastierend zur Lyrik von Cohen, alles, was nach Bildungssprache klingen könnte, bevorzugen kurze, auch ‚defekte‘ Sätze. Wenn man nach Verwandtschaften sucht, können einem Horváth, Sperr, Fassbinder oder Kroetz, aber auch Václav Havels ‚Gartenfest‘ einfallen… Die Wahrheit liegt hinter den Worten.“

Nachtkritik.de

„Das Ensemble bringt komplexe politische Themen auf eine persönliche Ebene. In dieser Intimität geht es ums Eingemachte. Plakativ wird klar gemacht wir haben nur eine Welt und es wird Zeit aufeinander zuzugehen.“

Lisa Oberholzer, ORF

„Jede Inszenierung ist ein einzigartiges Erlebnis, pointiert und punktgenau im richtigen Augenblick, tief in der gegenwärtigen Realität verankert. Mit fulminantem Schauspiel, Tanz, eindringlicher Musik und visuellen Projektionen reagiert das aktionstheater ensemble auch in ‚Wir haben versagt‘ auf zukunftsweisende gesellschaftspolitische Entwicklungen. Es fängt den Puls der Gesellschaft ein und versucht wachzurütteln, provoziert, stellt Fragen, ohne die Rolle einer Moralinstanz einzunehmen. Wie eine läutende Glocke vor herannahender Gefahr, schlägt das aktionstheater Alarm, bevor es endgültig zu spät wird.“

Nelisworld.com

„Der neue Ton der verzweifelten Resignation steht dem Aktionstheater.“

Falter

„Wie üblich beim Aktionstheater Ensemble ist die Aufführung eine von Fragestellungen der Schauspielerinnen und Schauspieler ausgehende Collage zum Thema, konkret zum Kunstschaffen an sich. Und da steigt der Abend steil ein mit einer Nacktperformance von Thomas Kolle (…) Vor allem die Livemusik gibt dem Abend atmosphärische Tiefe.“

Der Standard

„Das über die Jahre immer wieder wechselnde Ensemble, das unter einer Konstante, nämlich der Regie von Martin Gruber agiert, macht seit 35 Jahren kritisches, hellwaches, gescheites, gesellschaftskritisches und linkes Theater.“

Kurier

„Die große Politik mit dem persönlichen Leben zu verbinden und in vielen ‚kleinen‘ Beispielen die großen Zusammenhänge sicht-, hör- und spürbar auf die Bühne zu bringen. Ohne groß zu dozieren. Und schon gar nicht mit erhobenen Zeigefingern. Auch jenseits von Schuldzuweisungen. Mit kräftigen Portionen Selbstkritik in Form von (Selbst-)Ironie. Und das voller Spielfreude und -Lust, sehr oft mit großartiger Musik, die mehr als Hintergrund oder Begleitung ist. Alles samt Anstößen zur (Selbst-)Reflexion auch des Publikums. Das sind die starken politisch-persönlichen Stücke des aktionstheater ensembles.“

KiJuKu.at

„Die Performance wechselt meisterhaft zwischen lauten, eindringlichen Momenten und stillen, sprachlosen Sequenzen. Martin Gruber gelingt es vortrefflich und wie immer punktgenau, das Publikum zu fordern, es zu berühren, aber auch zu erschrecken und trotz aller Widrigkeit zum Lachen zu bringen (…) ‚Wir haben versagt‘ ist mehr als nur ein Stück – es ist ein lauter und glühender Weckruf: Mutig und liebevoll miteinander umgehen, zuhören, im Gespräch bleiben und aktiv handeln – diese Botschaft trägt das Stück, trägt das aktionstheater ensemble, trägt Martin Gruber nachhaltig in die Welt.“

KULTUR Zeitschrift